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Ein Lebensweg im Zeichen von Karriere und Verantwortung

Vera Schneevoigt verkörpert das Bild einer außergewöhnlichen Karrierefrau. Von Siemens über Fujitsu bis hin zu Bosch führte ihr Weg durch die höchsten Führungsebenen der deutschen Wirtschaft. Als Digital- und Technikchefin der Security-Sparte von Bosch zählte sie zu den einflussreichsten Frauen in der Industrie. Doch an einem Wendepunkt ihres Lebens entschied sich Schneevoigt gegen den weiteren beruflichen Aufstieg und für die persönliche Verantwortung gegenüber ihrer Familie. Diese Entscheidung stellt nicht nur ihre persönliche, sondern auch eine gesellschaftliche Perspektive auf Karriere und Pflegeverpflichtungen infrage.

Die Herausforderung: Pflege und beruflicher Erfolg im Spannungsfeld

Deutschland sieht sich mit einer immer älter werdenden Gesellschaft konfrontiert, in der die Pflegebedürftigkeit steigt. Besonders herausfordernd ist dies für die Generation X und die Babyboomer, die berufliche Spitzenpositionen mit familiären Pflegepflichten vereinen müssen. Führungskräfte wie Vera Schneevoigt stehen hierbei exemplarisch für einen Trend, der viele Unternehmen und Familien gleichermaßen betrifft: Das Spannungsfeld zwischen beruflichem Engagement und der Betreuung älterer Angehöriger.

Schneevoigt machte die wachsende Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern bewusst, dass ihre 60- bis 80-Stunden-Woche bei Bosch nicht länger haltbar war. Ihre Situation verdeutlicht ein verbreitetes Problem: Eine Arbeitswelt, die wenig Raum für private Pflegeverantwortung lässt, und ein gesellschaftliches System, das Pflege häufig in den familiären Bereich abschiebt.

Vera Schneevoigts Entscheidung: Ein mutiger Schritt

Als die Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern zunahm, stand Schneevoigt vor der Wahl: Weiterhin Spitzenpositionen in einem internationalen Konzern zu bekleiden oder sich voll und ganz ihrer Familie zu widmen. Letztlich entschied sie sich für Letzteres. Diese Entscheidung fiel ihr nicht leicht. Sie führte intensive Gespräche mit ihrem Arbeitgeber, um mögliche Alternativen auszuloten, doch die Strukturen waren zu starr, um den Anforderungen gerecht zu werden. Schneevoigt kündigte ihre Stelle und verließ damit eine herausragende Karriere, die auf viele Jahre harter Arbeit und Engagement zurückblicken konnte.

Diese Entscheidung spiegelt die Realität vieler Menschen wider, die zwischen beruflicher Verpflichtung und privater Verantwortung abwägen müssen. Schneevoigt beschreibt diesen Schritt als notwendig, um dem Anspruch gerecht zu werden, ihren Eltern den Beistand zu leisten, den sie verdienen.

Das gesellschaftliche und wirtschaftliche Dilemma

Die Geschichte von Vera Schneevoigt wirft ein Schlaglicht auf eine unzureichend angepasste Arbeitswelt. Obwohl der demografische Wandel bekannt ist, fehlen in vielen Unternehmen flexible Arbeitsmodelle, die Pflegeverpflichtungen berücksichtigen. Hinzu kommt ein politisches System, das den immensen volkswirtschaftlichen Wert unbezahlter Pflegearbeit, geschätzt auf 1,2 Billionen Euro jährlich, oft nicht ausreichend anerkennt.

Unternehmen wie Bosch stehen exemplarisch für eine Wirtschaft, die auf Effizienz und technische Exzellenz ausgerichtet ist, aber selten auf persönliche Bedürfnisse von Führungskräften eingeht. Schneevoigt selbst bemängelte die mangelnde Diversität und Offenheit für neue Modelle in deutschen Konzernen.

Neue Perspektiven: Was Vera Schneevoigt verändern möchte

Nach ihrer Kündigung widmet sich Vera Schneevoigt neuen Projekten. Sie engagiert sich für mehr Flexibilität in der Arbeitswelt und setzt auf Modelle, die sowohl soziale als auch berufliche Bedürfnisse verbinden. In ihrem Buch plädiert sie für eine grundlegende Veränderung der Unternehmenskultur. Es geht ihr um mehr Akzeptanz für individuelle Bedürfnisse und die Etablierung nachhaltiger Beschäftigungsmodelle.

Gemeinsam mit ihrem Mann berät Schneevoigt heute Unternehmen und Einzelpersonen, wie soziale und ökonomische Herausforderungen bewältigt werden können. Ihr Ziel ist es, ein Umdenken in den Köpfen der Verantwortlichen zu fördern und die Arbeitswelt so zu gestalten, dass sie Menschen in jeder Lebensphase unterstützt.

Ausblick: Was die Geschichte von Vera Schneevoigt lehrt

Vera Schneevoigts Weg verdeutlicht, wie wichtig es ist, individuelle Entscheidungen in größere gesellschaftliche Zusammenhänge einzubetten. Ihre Geschichte zeigt, dass beruflicher Erfolg nicht alles ist und dass persönliche Verantwortung oft mutige Schritte erfordert. Gleichzeitig macht sie darauf aufmerksam, dass Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt flexibler werden müssen, um den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft gerecht zu werden.

Ihre Botschaft ist klar: Veränderung ist möglich, wenn Einzelpersonen wie Schneevoigt den Mut aufbringen, bestehende Strukturen zu hinterfragen und alternative Wege zu gehen. Dieser Mut kann nicht nur das Leben Einzelner verändern, sondern langfristig zu einem Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft beitragen.

Quelle:
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/generation-x-warum-eine-bosch-managerin-fuer-die-pflege-ihrer-eltern-kuendigte-01/100065345.html 1/8

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